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Treffen mit Herz

Gestern traf ich Herz, den Schriftsteller, einen Bekannten aus früheren Jahren, auf der Straße. Wir sahen uns an, gaben uns die Hand und waren überrascht. Dann begann Herz zu erzählen.

Ich sitze in einem Büro. Das Geld hat mich da hingebracht. Ich mag diese Arbeit nicht, weil ich nicht arbeiten kann. Das Schreiben im Büro hat keine Dimension, oder wenn doch, dann die, dass das Resultat, die ausgefüllten Formulare, in den Kellern der Archive verschwindet.

Und Herz, mich nehmend wie er alle nimmt, um sich zu schildern, stieg ins eigene Labyrinth, vielleicht in der Hoffnung, es loszuwerden. Und er erzählte weiter.

Das Schreiben von Texten, der Versuch seine Jahre zu erkennen, um den Blick endlich frei zu bekommen, ist eine Besichtigung. Ich gehe zurück aber finde meinen Anfang nicht. Ich gelange wieder zu mir aber sehe das Ende nicht. Welcher Weg ist meiner, wenn der erste Schritt und der letzte mir verschlossen bleiben? Ich zuckte mit den Schultern. Darüber hatte ich in dieser Schräglage noch nicht nachgedacht. Und Herz, erfahren mit schweigsamen Antworten, redete weiter.

Die Zeit in diesem Büro wird begrenzt sein. Ich werde die Abhängigkeit des Geldes verlieren, um sie erneut zu finden, immer in Illusionen lebend, die mich Jahr für Jahr an die Erde beugen, bis ich dann Streugut sein werde, damit sich in frostigen Zeiten niemand die Beine bricht.

Herz sprach sehr bedacht. Es war schwierig sich ihm zu entziehen. Er schien immer in der Arbeit des Denkens zu stecken.

Wenn das Büro, in dem ich sitze, eine Sprache hat, dann gibt es keine Zeit für diese Sprache, oder die Zeit ist stehen geblieben, und wir in ihr, denn wie kann in hundert Jahren das Wort gleich bleiben in den Ämtern und die Aussage sich wiederholen, ohne Veränderung, wenn die Zeit sich ausdehnt. Ich sah Herz wie hypnotisiert an. Die Ungeniertheit, die von ihm ausging, gab seinen Aussagen eine Wichtigkeit, neben der ich mich klein und belanglos fühlte. Ich weiß nicht, ob er das merkte, als er weitersprach. Jetzt aber habe ich Mittagspause, werde etwas essen, um mich gestärkt wieder hinter dem Schreibtisch zu verbarrikadieren, heimlich vielleicht das Stemmeisen hervorholend. Ich habe nicht viel Zeit. Der Hunger drückt und die Pause ist kurz.

Das sagte er, gab mir seine Hand, drehte sich um und kümmerte sich überhaupt nicht mehr um mich. Ich brauchte einige Augenblicke. Dann ging ich auf die andere Straßenseite, sah auf den Verkehr, um nicht überfahren zu werden von irgendwelchen Idioten und gab mich dem Neuen hin.
 
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